Heumilchbauer Hannes Strobl aus dem oberösterreichischen Mondsee schlägt dem Plastikmüll ein Schnippchen - er bekämpft ihn mit dem einzig sinnvollen Gegenmittel: Plastik.
Wie er das macht und warum er damit ein bahnbrechendes Projekt angestoßen hat, das wohl nicht nur österreichweit aufhorchen lässt, erzählt uns der sympathische Oberösterreicher auf seinem Biobauernhof.
Schulglockenschrillen.
Endlich große Pause! Zeit zum Tempelhüpfen und für eine Runde „Ochs am Berg“ am Schulhof.
Zur Stärkung gibt es noch einen Schluck Kakao oder Vanillemilch vom Schulmilchbauern und schon kann der Spaß beginnen.
Für die meisten von uns sind das Erinnerungen an unbeschwerte Zeiten, erste Freundschaften und grinsende Kakaobart-Gesichter, die wir gerne wieder aufleben lassen.
Über den Schulmilchbecher und dessen ökologischen Kreislauf jedoch, darüber haben wir uns als Kinder kaum Gedanken gemacht. War es früher noch ein Glasgefäß mit Gummideckel in grünen Steigen, so trinken die Kinder heute aus Polystyrol, also Einweg-Kunststoffbechern. Diese Becher sind zwar leichter zu transportieren und günstig in der Herstellung, allerdings haben sie einen ausschlaggebenden Haken: Sie sind, anders als unser Glas von damals, nur sehr begrenzt recyclingfähig, geschweige denn wiederverwendbar.
Warum ist die Schulmilch also nicht beim Glas geblieben?
Und ist der PS-, also Polystyrol-Becher im Schulmilchbereich wirklich der Weisheit letzter Schluss?
Zur Beantwortung dieser Frage haben wir uns mit dem Schulmilchbauern Hannes Strobl auf dessen Biobauernhof in St. Lorenz am Mondsee getroffen.
Bereits seit 1996 liefert der „Aubauer“ die Milch seiner 25 Kühe an Volksschulen, Kindergärten und höhere Schulen in Oberösterreich und Salzburg aus. Seine Motivation: Den Kindern ein Produkt zur Verfügung zu stellen, das natürlich, nachhaltig und regional produziert wird, Körper und Geist Energie liefert und gleichzeitig so wenig Abfall wie möglich produziert.
Regionalität und Nachhaltigkeit sind für den Heumilchbauern dabei schon immer eine Selbstverständlichkeit gewesen. Die Verpackung allerdings, sprich die Schulmilchbecher, waren ihm lange Zeit ein Dorn im Auge.
... Mir gefällt es, dass ich so vieles im Zyklus der Natur machen kann – die Arbeit mit den Kühen ist immer auch eine Arbeit mit dem Kreislauf der Natur. Die Schulmilchbecher haben in diese Kreislaufwirtschaft nie wirklich hineingepasst. Die Glasgefäße waren sehr schwer zu reinigen und sind in den Schulen im Eifer des Gefechts häufig kaputt gegangen, was natürlich auch nicht ganz ungefährlich war. Die PS-Becher, die wir bis vor Kurzem verwendet haben, müssen im Anschluss verbrannt werden oder können höchstens noch zu einem Kleiderhaken weiterverarbeitet werden.
Zwischendurch haben wir Schulmilchbauern es mit einer kompostierbaren Variante versucht, allerdings gab es auch da erhebliche Nachteile: Das Granulat für die Becherherstellung musste aus den USA importiert werden, um dann in Taiwan zu Bechern verarbeitet zu werden. Zudem gab es für die Deckel in ganz Österreich keinen einzigen Anbieter. Mit Regionalität und Kreislaufwirtschaft, so wie ich mir das immer gewünscht habe, hatte das dann rein gar nichts mehr zu tun.“
So begann die Suche nach dem perfekten Schulmilchbecher nach Jahren des Testens und Tüftelns wieder von vorn.
Erst durch Zufall lernte Strobl bei einem Seminar am eigenen Hof einen Becher-Leidensgenossen, Biobauern Leonhard Zauner, kennen. Zauner kannte die Probleme der Bechersuche ebenso gut wie Strobl, hatte aber bereits eine Verbindung zu einem regionalen Kunststoffhersteller hergestellt.
Aus dem engen Kontakt der beiden Biobauern zu den Kunststoff-Recycling-Spezialisten Starlinger viscotec und PET-MAN wurde die Idee eines weltweit einzigartigen, hundertprozentigen Recycling-Kreislaufes auf der Basis von weißem PET-Kunststoff geboren.
Anm.: PET ist die Abkürzung für Polyethylenterephthalat – ein Kunststoff, der besonders umweltfreundlich recycelt werden kann und frei von Weichmachern ist.
Durch die reinweiße Farbe des Bechers und den Fakt, dass der Becher selbst nicht bedruckt wird, kann er immer wieder zu einem weißen Becher gemacht werden. Die Aufbereitung der Becher erfordert weniger Energie als z.B. die Reinigung von Mehrwegglas und es entstehen quasi keine Abfälle – gesetzt den Fall, dass die Becher bereits in den Schulen ordnungsgemäß gesammelt und an den jeweiligen Schulmilchbauern retourniert werden.
Vom Bauernhof gelangen die Becher zurück zu PET-MAN, werden dort geschreddert und gereinigt. Aus dem Schreddermaterial, dem sogenannten Granulat, kann nun erneut ein weißer Becher entstehen.
„So haben die Schulmilchbauern in Österreich die Möglichkeit, jährlich an die hundert Tonnen Abfall zu vermeiden“, so Markus Neudorfer, Managing Partner bei PET-MAN in Frankenburg am Hausruck. „Zudem ist uns mit diesem regionalen Gemeinschaftsprojekt zwischen den oberösterreichischen Firmen Starlinger viscotec (Maschinenhersteller), Greiner Packaging (Becherproduzent), den Schulmilchbauern und uns als Experten für das Recyclingverfahren, etwas gelungen, was international noch keiner vor uns geschafft hat: Und zwar einen geschlossenen Recycling-Kreislauf aus PET-Kunststoff für die Lebensmittelindustrie zu kreieren. Wenn jedes Glied der Kette seine Aufgabe erfüllt, entsteht ein niemals versiegender Strom aus weißem PET und aus jedem Becher wird wieder und immer wieder ein weißer Schulmilchbecher werden“.
Durch die regionale Aufbereitung der Becher in Frankenburg und deren Fertigung in Kremsmünster findet zudem der gesamte Produktionskreislauf – von der Kuh, die auf oberösterreichischen Weiden grast, über die Milchabfüllung direkt am Biobauernhof bis hin zur Lieferung an die Schulen – in der Region statt. Die Schulmilch ist somit ein Produkt, das zu 100 % in Oberösterreich hergestellt wird.
Das weltweit einzigartige Pilotprojekt ist Anfang 2021 an Oberösterreichs Schulen und Kindergärten gestartet.
Und wer weiß, vielleicht begegnen uns die weißen PET-Becher auch bald in unseren Supermarktregalen!